Kirchenschiff

Im Gegensatz zu den verschiedenen Namen für die Innenräume weltlicher Großbauten werden nur die Innenräume von Kirchen als „Schiff“ bezeichnet. Christen verglichen seit frühester Zeit die Kirche mit einem Schiff, auf dem die Gemeinde an Bord ist. Das Gesangbuchlied EG 589 beschreibt diese Vorstellung treffend:

„Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt, fährt durch das Meer der Zeit.
Das Ziel, das ihm die Richtung weist, heißt Gottes Ewigkeit.
Das Schiff, es fährt vom Sturm bedroht, durch Angst, Not und Gefahr,
Verzweiflung, Hoffnung, Kampf und Sieg, so fährt es Jahr um Jahr.
Und immer wieder fragt man sich: Wird denn das Schiff bestehn?
Erreicht es wohl das große Ziel? Wird es nicht untergehn?
Bleibe bei uns, Herr! Bleibe bei uns, Herr,
denn sonst sind wir allein auf der Fahrt durch das Meer.
O bleibe bei uns, Herr!“


Foto Kirchenschiff

Die frühe Kirche litt unter Christenverfolgungen und inneren Kämpfen. Die alt- und neutestamentlichen Geschichten von der Rettung der Arche Noah aus der Sintflut und der Stillung des Sturmes (Matthäus 8,23-27) ermutigen, stärken und bewegen christliche Gemeinden bis heute:

„Da sagte Jesus zu ihnen:
Ihr Kleingläubigen,
warum seid ihr so furchtsam?
Und stand auf und bedrohte den Wind und das Meer.
Da wurde es ganz stille.“


Dieser theologische Hintergrund wurde in unzähligen Kirchenbauten architektonisch umgesetzt. Auch in der Rokokokirche Berka vor dem Hainich stellen die Seitenwangen des Gestühles im Kirchenschiff stilisierte Schaumkronen dar, wie die bisher einzige restaurierte Wange zeigt.

Foto Schaumkrone

Die Gemeinde ist zu allen Zeiten und Generationen von heftig bewegten Wasserwogen, das heißt von Feinden und lebensbedrohlichen Schicksalsmächten, umgeben. Das Gestühl trennt ein Mittelgang. Die Schaumkronen der Wellen muten an wie „Mauern zur Rechten und zur Linken“ mitten im Schilfmeer, das Mose mit Gottes Hilfe geteilt hat. Die Israeliten wanderten aus der ägyptischen Sklaverei trockenen Fußes durch die Fluten, bis sie das rettende Ufer der Freiheit in Richtung Heimat erreichten. Liturgisch bedeutet dies bis heute, dass die Gläubigen durch die Irren und Wirren der menschlichen Geschichte und des Lebens wandern, bis sie am Altar das Sakrament der Gnade, der Liebe und des Friedens - das Abendmahl, empfangen, und bei Gott die ewige Heimat finden.

Foto Altartisch

Der Innenraum ist ein rechteckiger Emporensaal. An seinen Längsseiten befinden sich zweigeschossige Emporen und je eine Herrschaftsloge, die den Besitzern des Berkaer Schlosses vorbehalten waren. An der Ostseite des Kirchenschiffes steht der Altar. Gegenüber, an der Westseite, wurde die Orgel als „weiterer Altar“ auf eine Empore gebaut. Sie setzt das von Altar und Kanzel verkündete Evangelium musikalisch um. Das Konzept der Architekten und Künstler sah 1752 vor, im Inneren der Kirche eine Vision des himmlischen Jerusalem, des Paradieses, der ewigen Heimat bei Gott, zu schaffen (Hebräer 12,22a):

„Ihr seid gekommen zu dem Berg Zion
und zu der Stadt des lebendigen Gottes,
dem himmlischen Jerusalem.“